Kenia, Bangladesch, Philippinen: Der Krieg umfasst die Welt
Mit 70 Millionen Tonnen gehört die Ukraine zu den größten Getreideexporteuren der Welt. Doch dieses Jahr wird die Ernte aufgrund des Krieges so gut wie ausfallen. Und auch Russlands Weizenexporte sind gestoppt. Beide Länder exportierten Weizen vor allem in Länder Afrikas und nach Asien. Dort fehlt dieses Grundnahrungsmittel bzw. wird aufgrund des Mangels sehr teuer. Und auch die weltweit gestiegenen Treibstoffpreise infolge des Krieges heizen den Preisanstieg von Lebensmitteln an – in Europa wie auch in Ländern des Globalen Südens. Nach der Ernährungskrise während der Corona-Pandemie droht in armen Ländern nun schon die nächste Hungersnot.
In Bangladesch sind die Preise für Treibstoff stark gestiegen. Dies verteuert wiederum den Transport von Gütern und damit die Nahrungsmittelpreise. Unsere lokalen Mitarbeitenden vor Ort berichten, dass mittlerweile auch Menschen der Mittelschicht Probleme haben, sich und ihre Familien mit Nahrungsmitteln zu versorgen. Nilay Kathun* ist Patientin der German Doctors in Savar, einem Vorort von Dhaka. Als Textilarbeiterin verdient sie 13.000 Taka im Monat, umgerechnet knapp 140 Euro. Sie ist die einzige Verdienerin für ihre fünfköpfige Familie und schildert in unserer Sprechstunde ihre Sorgen: „Die Preise für Lebensmittel sind gestiegen, auch das Kochgas und die öffentlichen Verkehrsmittel sind teurer. Ich kann für mein Kind keine Milch, Eier oder Früchte mehr kaufen. Es reicht kaum noch für das Nötigste.“
Preisanstiege in allen Projekten sichtbar
Auch in Indien bereiten uns die Preisanstiege große Sorgen. Unsere lokale Repräsentantin Pallabi Sengupta informiert über die neuesten Entwicklungen: „Infolge des enormen Anstiegs der Treibstoffpreise sind die Kosten für lebenswichtige Güter, sogar für Gemüse, im letzten Monat rapide gestiegen. Auch der Preis für Kochgas ist stark angestiegen. Die Menschen der Unter- und Mittelschicht leiden am meisten unter dieser Situation.“
Auf den Philippinen ist ebenfalls ein Preisanstieg bei Treibstoff und Nahrungsmitteln zu verzeichnen. Der Inselstaat ist extrem abhängig von Rohstoffpreisen. Es wird vermutet, dass die Auswirkungen des Ukraine-Krieges sich dort sehr negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken wird. Doch zurzeit wird dies noch vom Präsidentschaftswahlkampf verdeckt. Denn im Mai wird die Nachfolge des amtierenden Präsidenten Rodrigo Duterte gewählt.
"Wir stehen hier viele Stunden an der Tankstelle"
In Kenia leiden die Menschen in manchen Regionen seit mehreren Jahren unter einer anhaltenden Dürre. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie und nun die Verteuerung der Treibstoff- und Nahrungsmittel sind für arme Menschen katastrophal. Zeitweise gab es bereits keinen Treibstoff mehr an den Tankstellen zu kaufen bzw. dieser wird schon seit einiger Zeit limitiert ausgegeben. Unser Landesmanager George Audi ergänzt: „Zurzeit stehen wir hier vier Stunden und mehr an der Tankstelle an für unsere Spritration. Und manchmal ist die Zapfsäule leer, bis man an der Reihe ist.“ Weizen und Mais werden normalerweise sowohl aus der Ukraine als auch aus Russland importiert und gehören vor allem für arme Menschen zur Grundnahrung. Beide Lebensmittel sind nun deutlich teurer geworden, ebenso wie Speiseöl. Experten warnen vor einer Hungersnot. Viele Menschen werden in den kommenden Monaten Nahrungsmittelhilfen benötigen.
Und auch aus Sierra Leone hören wir von drastischen Engpässen beim Treibstoff. Diesel und Benzin sind sehr teuer geworden und teilweise nur noch auf dem Schwarzmarkt zu dann noch teureren Preisen erhältlich; oder ausverkauft.
Der Krieg mitten in Europa erschüttert uns alle und beschäftigt uns sehr. Dennoch bitten wir darum, auch die Menschen in unseren Projektregionen im Globalen Süden nicht aus dem Blick zu verlieren: Unsere Hilfe wird auch dort dringend benötigt.
* Name geändert