Im Einsatz gegen weibliche Genitalverstümmelung
Die weibliche Genitalverstümmelung ist in Sierra Leone leider eine weit verbreitete Praxis. Sie gilt als Aufnahmeritual junger Frauen in die bestehende gesellschaftliche und kulturelle Ordnung. Umfragen ergaben, dass rund 89 Prozent der Frauen und Mädchen zwischen 15 und 49 Jahren Opfer der Genitalverstümmelung sind. Eine solche Beschneidung gilt in Sierra Leone nicht als Straftat. Zusammen mit unserer lokalen Partnerorganisation, der Commit & Act Foundation Sierra Leone, setzen wir in den Familien, in Schulen, Dorfgemeinschaften und auf politischer Ebene mit unseren Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen an, um dieser Praxis ein Ende zu bereiten.
Aufklärung und Bewusstseinsbildung in den Dorfgemeinschaften
Unser Aufklärungs- und Präventionsprojekt zur Vermeidung von weiblicher Genitalverstümmelung wird sehr gut angenommen, sodass wir es schon jetzt, kaum ein halbes Jahr nach Projektstart, ausgeweitet haben. Auch dieses Projekt haben wir im Oktober 2020 mit der sierra-leonischen Commit & Act Foundation begonnen, mit der wir auch Projekt zum Schutz für Opfer sexualisierter Gewalt unterhalten. Ab diesem Monat wird die Anzahl der teilnehmenden Familien im Projekt von 200 auf 400 erhöht. Das Projekt „My body my right“ umfasst sowohl Trainings- und Präventionsmaßnahmen für ins Projekt aufgenommene Mädchen und deren Familien wie auch Aufklärungsveranstaltungen in den Dorfgemeinschaften und in den Schulen. Mädchen, deren Familien sich gegen die Beschneidung entschieden haben, werden als neue Rollenvorbilder stark gemacht, um so ein Umdenken in den Gemeinschaften zu bewirken.
Zusätzlich werden finanzielle Anreize geschaffen: Familien bekommen monatliche Zuwendungen, sofern sie ihre Töchter nicht verstümmeln lassen. Und auch die Beschneiderinnen, sogenannte Soweis, die respektierte Persönlichkeiten in den Dorfgemeinschaften sind, werden in das Projekt miteinbezogen. Es ist sehr wichtig sie davon zu überzeugen, sich von der Tradition der Beschneidung abzuwenden.
Ein Vorortbesuch in Sierra Leone
Unsere Präsidentin Dr. Gudrun Jäger war im März in Sierra Leone vor Ort und konnte sich selbst ein Bild von den beiden Projekten machen. Sie ist überzeugt von unserem Partner: „Nur durch die engagierte Arbeit von lokalen Organisationen wie Commit & Act und dem vielfältigen Ansatz mit Überzeugungsarbeit und Unterstützung der Bevölkerung kann zukünftig diese traumatische und gefährliche Verstümmelung zum Verschwinden gebracht werden“, erklärt Dr. Jäger nach ihrem Besuch. Dr. Jäger nutzte die Gelegenheit vor Ort zu sein und begleitete die lokalen Mitarbeitenden bei einem ihrer Aufklärungsbesuche in ein kleines Dorf. Dort sprach sie mit einer Mutter von drei Kindern, die eindrücklich schilderte, was sich für sie durch die Projektaktivitäten verändert hat:
„In dem Dorf sind die meisten Menschen einfache Farmer und stark an ihre Traditionen gebunden, wozu die weibliche Beschneidung gehört“, erklärt Dr. Jäger. Durch die Mitarbeitenden unserer Partnerorganisation habe die Frau zunächst gelernt, wie sie ertragreicher wirtschaften könne auf ihrem Land. Und sie habe weitere Trainings erhalten, die ihre Beziehungen und das Verhalten zu ihren Kindern und ihrem Ehemann verbessert habe. Sie erfuhr auch von der Kampagne „My body my right“ und habe sich entschieden, ihre jüngste Tochter nicht beschneiden zu lassen. Durch die vielfältige Unterstützung unserer Partnerorganisation sei sie selbstbewusster geworden und engagiere sich nun mehr in Frauengruppen in ihrer Gemeinde, was ihr guttue. Dieser kurze Bericht ist eine schöne Bestätigung der positiven Effekte unserer Zusammenarbeit mit unserem lokalen Partner. Wir freuen uns über die bislang erzielten Erfolge und hoffen, in Zusammenarbeit mit unserem Partner vielen Mädchen und jungen Frauen in Sierra Leone helfen zu können.