Sierra Leone: Ausbildung von Fachkräften für bessere Kindergesundheit
Nach Jahren der Vorbereitung und vielen zähen Verhandlungen starten wir nun endlich ein lang ersehntes Projekt in Sierra Leone: die Zusatzausbildung von Clinical Officern in der Kinderheilkunde. Die Kindersterblichkeit dort ist erschreckend hoch, die medizinische Versorgung vielerorts unzureichend. 109 von 1.000 lebend geborenen Kindern sterben in Sierra Leone vor ihrem fünften Geburtstag. Zum Vergleich: In Deutschland sind es vier Kinder (World Bank 2019). Es herrscht ein ausgeprägter Mangel an medizinischem Fachpersonal. Für fast acht Millionen Einwohnerinnen und Einwohner gibt es lediglich circa 150 bis 200 Ärztinnen und Ärzte, viele davon ohne Spezialisierung. Die Versorgung der Patientinnen und Patienten liegt aufgrund des Ärztemangels weitgehend in den Händen von Pflegenden und sogenannten Community Health Officern (CHOs). Die CHOs haben eine dreijährige medizinische Weiterbildung absolviert, die sie befähigt, basismedizinische Versorgung in Krankenhäusern durchzuführen. Dank schon durchgeführter Trainingsprogramme können einige dieser Fachkräfte inzwischen Narkosen oder lebensrettende chirurgische Eingriffe wie Kaiserschnitte selbständig durchführen.
Aus- und Fortbildung von medizinischem Personal ist unser Fokus
Auch wir haben im Serabu Community Hospital, in das wir von 2010 bis Sommer 2021 German Doctors entsandten, Community Health Officers ausgebildet und das einheimische Personal fort- und weitergebildet. Bei der Ausbildung waren unsere Fachärztinnen und -ärzte aus Deutschland, der Schweiz und Österreich involviert. Bei unserer jahrelangen Arbeit war uns stets bewusst, wie notwendig zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten für den Bereich Pädiatrie wären. Denn fundierte Kenntnisse in der Behandlung von Kindern fehlen in vielen sierra-leonischen Krankenhäusern, vor allem in abgelegenen ländlichen Gebieten außerhalb der Hauptstadt. Und so haben wir 2019 zusammen mit unseren Partnerorganisationen CapaCare und Partners in Health, welche in den Feldern der Chirurgie und Inneren Medizin spezialisiert sind, mit der School of Clinical Sciences Makeni und in enger Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium Pläne für ein pädiatrisches Ausbildungsprogramm mit Bachelor-Abschluss entworfen.
Zähe Vorbereitungszeit für die pädiatrische Ausbildung
In den letzten zweieinhalb Jahren waren wir mit der Ausarbeitung des Trainings beschäftigt, nahmen Kontakt mit möglichen Partnerkrankenhäusern für das praktische Training auf und führten zahlreiche Verhandlungen mit den Partnern und Regierungsvertreterinnen und -vertretern. Der Prozess war lang, wir erlebten immer wieder Rückschritte, Frustrationen und Verzögerungen; im letzten Jahr natürlich auch durch die Corona-Pandemie. Wir waren nicht immer sicher, ob das Ausbildungsprogramm jemals Realität werden würde. Umso erfreuter waren wir, als im August dieses Jahres die Verträge vonseiten des Gesundheitsministeriums unterschrieben wurden: Eine wichtige Voraussetzung für den Beginn des Trainings war erfüllt. In den letzten zwei Monaten wurden Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten gebildet und eine intensive Vorbereitungszeit begann. Sowohl am Ort des theoretischen Unterrichts in Makeni als auch mit den Partnerkrankenhäusern sind viele Absprachen und vorbereitende Maßnahmen notwendig.
Die pädiatrische Ausbildung hat nun endlich begonnen
Die Präsidentin der Swiss Doctors, Gudrun Jäger, hat das Projekt über all die Jahre maßgeblich mit vorangetrieben und begleitet. Sie konnte jetzt auch im Rahmen des Rekrutierungstages fünf Kandidaten auswählen und zusammen mit einer Kollegin das Training Mitte Oktober vor Ort starten. Die ersten praktischen Rotationen in den Partnerkrankenhäusern sind für Anfang 2022 geplant. Wir sind glücklich und stolz, die strukturierte Ausbildung von Fachpersonal in der Kinderheilkunde zusammen mit der Regierung nun beginnen zu können. Unser Ziel ist es, das entstandene Programm unter Einbezug von ortsansässigen Expertinnen und Experten in einigen Jahren an das Gesundheitsministerium zu übergeben, um so nachhaltig und langfristig die Gesundheitsversorgung in Sierra Leone zu unterstützen.